Pressestimme – Workshop für internationalen Poetry-Slam

aus „Mittelhessen-Bote“, Mittwoch, 8. März 2017

Den etablierten Schriftstellern den Spiegel vorhalten

Workshop für internationalen Poetry-Slam in Calbach / Bildung als zentrales Anliegen

teilnehmer
Die Teilnehmer des jüngsten Poetry-Slam-Workshops in Calbach. (Foto: Groth)

B ü d i n g e n – C a l b a c h
(bg). Während in größeren Städten Poetry Slam-Veranstaltungen immer öfter angeboten werden, sind sie im ländlichen Bereich noch eher selten. Poetry Slam, zu deutsch Dichterwettstreit, ist ein moderner, literarischer Vortragswettbewerb, in dem selbstgeschriebene Texte innerhalb einer bestimmten Zeit einem Publikum vorgetragen werden. Bewertet werden dann sowohl der Inhalt der Texte als auch die Art des Vortrags. Um dieses Format hier populärer zu machen, will der im vergangenen Jahr gegründete Kulturverein „ueber.land“ Abhilfe schaffen und lud für Samstag zu einem Workshop in die Kulturscheune nach Calbach ein.
Es ist war das dritte Angebot dieser Art, zu dem Andreas Arnold aus Friedberg gemeinsam mit dem Kulturverein „ueber.land“ zum Mitmachen aufforderte.
„Wir sind froh, dass wir mit Arnold einen Meister der Formulierung für diesen Intensivkurs gewinnen konnten“, so die Vorsitzende des Vereins, Monika Schmidt-Glenewinkel.
„Unter sachkundiger Anleitung von Arnold von Poetryslam Wetterau haben die zwölf Teilnehmer in vier Stunden Gelegenheit, ihre Texte zu Papier zu bringen. Es ist eine Einladung zum Erzählen und Zuhören und zum Verstehen. Abends können die Künstler ihre Werke dann vor Publikum präsentieren.“
Dabei fungieren fünf der Besucher als Jury und bewerten die Beiträge. Arnold, von Hause aus Kriminalstatistiker und somit eigentlich aus einem anderen Metier, ist Mitglied des Friedberger Vereins „Helden Theater“. Dort gibt es eine Poetry-Slam-Sparte, die in diesem Jahr 25 Veranstaltungen organisieren wird, so viele wie nie zuvor. „Der Poetry Slam kommt ursprünglich aus den USA, allerdings ist dort die Redezeit viel kürzer“, erklärt er. „Bei uns sind es zwischen sechs und zehn Minuten, in Amerika darf man maximal drei bis vier Minuten reden. Das reicht in der Regel nur für verdichtete Lyrik. Toll finde ich an dem Format, dass es einen generationsübergreifenden Bezug hat.
Von 17 bis 70 Jahre – jeder kann mitmachen.“
Arnold, der schon seit 15 Jahren schreibt, hat vor kurzem sein erstes Buch „Fionrirs Reise“, in der ein kleiner Drache die Hauptperson ist, herausgegeben. „Die Schriftstellerei ist meine Passion und bereits mit 18 Jahren habe ich Gleichgesinnte um mich geschart“, erinnert er.
Seit dem Jahr 2008 ist er als Blogger im lyrischen Bereich aktiv und seit nunmehr sechs Jahren verschrieb er sich der Organisation und Ausrichtung von Poetry-Slam-Events.
„Nach einer Kennenlernrunde werden wir in die Praxis einsteigen“, sagte er bei seiner Begrüßung. „Es ist jedem selbst überlassen, welche Elemente in Sachen Prosa, Poesie oder Comedy er einfließen lassen möchte.“ Wie Arnold erläuterte, gehöre schon etwas Mut dazu, die verfassten Gedichte vor Publikum zu präsentieren. „Ergreift die Gelegenheit und fühlt euch frei, eure Gedanken und Ideen spazieren zu führen. Sie werden es euch danken“, motivierte er.
Etwas Nervosität gehört bei einem Auftritt immer dazu. Aber hier ist es ein familiärer Rahmen und mit jedem kann Blickkontakt aufgenommen werden. Wer möchte, kann auf die Bühne und etwas vortragen. Poetry Slam ist ein satirischer Spiegel, der den elitären Schriftstellern diesen vorhält.
Genug Ideen für witzige wie tiefgründige Dichtkunst brachten die Jugendlichen mit, denn „Warum trinkst du deinen Tee nicht?“ oder „Ich habe kein Familie mehr“ wählten sie als Titel.
Wie die Vorsitzende erläuterte, ist es dem Verein besonders wichtig, auch Flüchtlinge in die Kulturarbeit einzubeziehen.
„Bei uns wird Integration gelebt“, so Schmidt-Glenewinkel. „Bildung ist uns ein zentrales Anliegen, aber auch die Wertschätzung für die Gegend, in der wir wohnen.
Eng arbeiten wir mit der Initiative ‚Jugend lebt Kultur‘, kurz Juleku, aus Büdingen zusammen.“